1997.09.11 - Na, was macht der Fuß?

  • Irgendwie schien etwas in ihr vorzugehen, ohne, dass ich genau sagen konnte, was es war. Die erste Jugendliebe? Vielleicht. So alt war sie ja noch nicht. Mehr als ein paar kleine Teenager. Ich lächelte ein bisschen. Es war etwas sehr Privates, das sie mit mir teilte. Nicht selbstverständlich, das wusste ich. Umgekehrt teilte ich selbst auch nur selten etwas Persönliches wie das. Ich sollte ihr wohl ebenso vertrauen können? Und nach einigen Momenten erkannte ich, dass es ebenso war. Doch wenn ich mich nicht täuschte, war da irgendwo ein kleiner wunder Punkt und ich blickte sie lange Zeit an. Plötzlich fragte die junge Heilerin, was mir denn Angst machte. Ich senkte kurz die Augen, spürte wie ich rot wurde, ehe ich es verhindern konnte oder eine Möglichkeit fand, den starken Mann zu markieren. Normalerweise wusste ich, wie ich darauf antworten musste oder sollte, ohne mich schlecht darzustellen, aber auch menschlich genug. Normalerweise gab ich an, vor den Gasattacken meiner Kollegen Angst zu haben. Nun aber ging das nicht so einfach. Warum wusste ich nicht. Verwirrt erkannte ich, wie wichtig mir die Heilerin war, obwohl sie mir ja kaum bekannt war. Nur dieses Haus verband uns abgesehen von der Arbeit, in der ich als ihr Patient auftauchen konnte. Schon verrückt, wie klein diese Welt war. "Ich ..." eine kurze Pause. Ein Schlucken. "Ich mag es nicht in Dunkelheit zu schlafen" bekannte ich die Wahrheit. Ich hoffte, dass sie jetzt nicht begann zu lachen. Aber es war die Wahrheit. "Ja, das ist dumm..." murmelte ich, und ritt mich damit nur weiter in die Scheiße. Oh halt doch einfach die Schnauze, riet ich mir in Gedanken.

  • Nur ganz zögerlich gab Vitali schließlich zu, dass er nicht gern in der Dunkelheit schlief. Mir war bewusst, dass ihm das unangenehm war. Er als großer, stolzer Bulgare dachte wahrscheinlich, dass er vor gar nichts Angst haben sollte. Für mich machte ihn das allerdings nur noch sympathischer und nahbarer. So langsam wurde er für mich greifbar, ich konnte ein bisschen hinter die Kulissen blicken. Und was ich sah, ließ mein Herz schneller schlagen.


    "Ich finde das überhaupt nicht dumm", sagte ich vorsichtig. "Weißt du, eigentlich fürchten wir uns nicht vor der Dunkelheit, sondern vor dem, was wir in ihr vermuten. Wir haben im Grunde auch keine Angst vorm Fliegen sondern vorm Fallen." Erst als ich es ausgesprochen hatte, merkte ich, dass ich Vitali eine philosophische Predigt hielt. "Ähm, entschuldige", sagte ich. "Du hältst mich jetzt wahrscheinlich für komplett bescheuert."


    Super gemacht, Cho, schalt ich mich. Du hast es mal wieder versaut. Auf einmal wollte ich mich von ihm wegdrehen, damit er nicht sah, wie ich rot wurde. Vitali kniete immer noch vor mir, doch als ich ruckartig aufstand, erhob er sich ebenfalls. Dabei stieß ich mit den Beiden gegen die Couch und verlor das Gleichgewicht. Ich taumelte nach vorne, und bevor ich wusste, was geschah, hatte Vitali mich aufgefangen. Seine starken Hände hielten meine Oberarme fest und gaben mir Halt. Ich sah nach oben, während er sich hinunterbeugte. Plötzlich waren unsere Gesichte nur noch Zentimeter voneinander entfernt. Ich hielt die Luft an.

  • Dieser Moment hatte eindeutig etwas Magisches, ohne dass einer von uns beiden aktiv seinen Zauberstab einsetzte. Sehr seltsam. Was hatte das zu bedeuten? Ding Dong, Ding Dong, Ding Dong. Die junge Frau wusste direkt, was wir eigentlich anstelle der Dunkelheit fürchteten. Die Schatten und Schrecken, welche die Dunkelheit verbargen. Und ich hatte einige davon gesehen, mehr als sich Cho Chang vielleicht vorzustellen vermochte. "Ja, ich weiß, was Du meinst, Cho", murmelte ich leise, schluckte kurz und sie. "Und nein, Du bist nicht bescheuert, ganz und gar nicht. Eher sehr klug. Sonst wären wir beide wohl kaum in dem Hause der Rowena Ravenclaw gelandet, nicht wahr?" Das wurde ja immer bescheuerter, was ich hier von mir gab. Plötzlich stand sie auf, so plötzlich, als ob sie vor etwas fliehen müsste. Mir? Oh, wie hatte ich ihr Angst gemacht? Das tat mir leid. Es kam, wie es kommen musste und wir stießen zusammen. Dabei fing ich sie auf, als sie begann zu taumeln. "Oh, geht es?", fragte ich und erinnerte mich dabei an ihren verstauchten Fuß. Ich wusste nicht, ob ich das durfte, aber es war irgendwie schön, sie zu halten. Doch das zu sagen wäre böse, oder? Würde ihr dies etwa Angst machen? Ich war sowas von verwirrt und dann waren da unsere Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt. Ich lächelte ein ganz kleines bisschen, ohne, dass es mir bewusst war. Sie war schön, sehr schön, sogar und attraktiv war sie wohl auch. Doch war ich nicht fähig, diese Erkenntnisse in Worte zu fassen oder gar bewusst zu äußern. "Geht es? Was macht der..." Ich beugte mich zu ihr, wollte sie etwas sagen? Nein, sie hielt den Atem an und ohne, dass ich es merkte, überwand ich noch ein wenig mehr Abstand. Plötzlich zitterte ich, wurde mir bewusst, was ich hier tat. Das Zittern wurde stärker. Was wurde das hier? Vitali Vulkanow war komplett verwirrt, das sah man mir an. Mein Herzschlag war rasend schnell, wie die Halsschlagader bewies. Auch in meiner Brust trommelte mein Herz, spürbar für sie, so nah wie wir uns nun standen. Ähm, sie verwirrte mich. So richtig. Und bevor ich wusste, was ich tat, legte ich vorsichtig die Lippen auf die ihren, unterbrach es dann wieder. "Tut mir leid... das war nicht richtig."

  • Ich fühlte mich ein bisschen weniger schlecht, als Vitali sagte, wir wären nicht umsonst im Haus Ravenclaw in Hogwarts gewesen. Er hatte natürlich vollkommen Recht. Ich hätte ahnen müssen, dass er mit meinen mehr oder weniger philosophischen Gedanken mitgehen konnte. Vielleicht sogar genauso dachte.


    Doch als er mich in seinen Armen hielt, war mein Kopf wie leer gefegt. Keine klugen Sprüche mehr, keine funktionierenden Gehirnwindungen und Nervenstränge. Nur noch Herzklopfen. Vitali wollte nach meinem Fuß fragen, doch der interessierte mich in diesem Moment nicht im Geringsten. Alles, was ich wahrnahm, war Vitali. Er schien genauso nervös zu sein wie ich. Seine Augen wanderten immer zwischen meinen Augen und meinen Lippen hin und her. Ohne es zu merken hatte ich meine Hände an seine Brust gelegt. Zitterte er etwa? Oder war ich das? Ich konnte nicht unterscheiden, welcher Herzschlag zu wem gehörte, doch ich spürte, dass sich unsere Herzen ein Wettrennen lieferten. Was taten wir hier? Vor einer Weile hätte ich ihn noch umbringen können für die Situation, in die er mich gebracht hatte. Und nun war ich ihm so nahe, dass ich seinen Atem auf meinen Lippen spüren konnte. Und es gefiel mir. Ich wollte das hier.


    Dann – endlich – überwand Vitali den letzten Abstand und küsste mich. Ganz vorsichtig und leicht. Genauso vorsichtig erwiderte ich den Kuss. Hitze schoss über meine Haut, als ich die Augen schloss, doch bevor wir den Kuss vertiefen konnten, zog Vitali sich schon zurück und gab zu, dass das nicht richtig war.


    „Oh ähm… naja, also…“, stammelte ich und löste mich von ihm. Was meinte er mit nicht richtig? Für mich hatte es sich ziemlich richtig angefühlt. Mein ganzer Körper kribbelte. Was wollte er mir damit sagen? Dass er mehr wollte? Aber Vitali schien das anders zu sehen. Als Fehler. Es war ein Fehler gewesen, mich zu küssen. Auf einmal war mir unglaublich kalt. Seine Worte erzeugten Millionen kleine Risse in meinem Herzen. Ich hatte gedacht, dass da etwas zwischen uns war. Zwar nur etwas ganz kleines, aber etwas, das die Chance hatte zu wachsen. Doch anscheinend hatte ich mir das eingebildet. Tränen schossen mir in die Augen, mit aller Macht kämpfte ich gegen sie an. „Dann sollte ich wohl besser gehen.“ Panisch sah ich mich um, entdeckte meine Tasche neben der Couch, schnappte sie mir und steuerte auf die Haustür zu. Kurz prüfte ich, ob mein Zauberstab noch in der Tasche war und war erleichtert, als ich ihn an der Seite entdeckte. Ich eilte nach draußen und hörte die Tür hinter mir zu fallen.


    Doch als ich die Stufen der Veranda hinunterlief, traf mich eine Erkenntnis. Ich trug immer noch Vitalis Klamotten. Und meine hingen in seinem Bad. „Verdammt.“

  • Ihre Lippen waren samtig, weich und irgendwie - lieblich. Konnten Lippen lieblich sein? Mein Hirn war komplett vernebelt. BING BOING BOOOOOM! In welches Chaos uns dieser Beinah-Kuss und der folgende Kuss stürzen sollte, konnte keiner ahnen. Ein dutzend wild gewordener Klatscher im Hospital hätten kaum ein größeres Durcheinander anrichten können. Herrje, wenn ich das gewusst hätte. Oder wenn sie es gewusst hätte. Wir beide hätten uns wohl gezwungen, mehr Klatscher zu reden. Egal wie unsinnig oder peinlich es auch erschien. Zumindest hoffte es der griechische Liebesgott Amor oder wer auch immer bei uns zugeschlagen hatte. Mit einem Mal fühlte ich mich wie ein großer, dicker Bär auf dem Tanzparkett. Eine Pirouette bitte und schneller, schneller und noch schneller. Oh oh Fettnäpfchen im An... ah Du hast das Fettnäpfchen mit dem ARSCH gefunden und den ganzen Tanzsaal geflutet. Ein Saal von der Größe der Großen Halle von Hogwarts. AUA. Ups. Vermutlich wünscht sie mir am liebsten noch einmal einen Klatscher an den Kopf, damit ich nicht solche Blödheiten mache. Ups. Bingo. Ich hatte ihr ja so richtig den Hof gemacht, ihr gezeigt, dass sie eine ganz tolle Frau war. Ich konnte mir wohl genauso gut selbst den Treiberschläger gegen die Stirn donnern. Das war genauso effektiv. Es war so verdammt verwirrend. In dem einen Moment genoss ich die Berührung, schob meinen mächtigen Körper sogar einige Millimeter in ihre Richtung, neigte mich ihr zu. Sie war attraktiv und das nahm ich unbewusst wahr, wusste es aber nicht genau zu benennen. "Ähm.... naja ..." stammelte ich dann mit ihr gemeinsam. "Äh... was gehen?" Ich war total verwirrt. "N.....ne..." Aber da war sie schon entschwunden! Ich stolperte unbeholfen hinterher. Sie war schon weg, kam dann aber zurück, als sie merkte, dass noch ihre Klamotten fehlten. Ich öffnete die Tür und murmelte leise, "Tut mir leid ... ich wollte" Stattdessen schluckte ich. "Ich wollte Dich nur nicht überfordern, weil ich zu schnell war" knallte ich dann schneller raus, bevor sie mir die Tür an den Kopf ballern konnte. Alter, dafür sollte sie mir noch einmal direkt eine knallen, in den Magen boxen, in den Sack treten... Oder keine Ahnung was. Ein Zittern durchlief meinen Körper und ich fragte mich, wie wir da hatten landen können.

  • Mit verschränkten Armen stand ich vor ihm, als er die Tür öffnete. Er entschuldigte sich und stammelte dann, dass er mich nicht überfordern wollte. Stimmte das? Oder hatte er einen Rückzieher gemacht und versuchte sich jetzt herauszureden? Ich wusste nicht, was ich denken sollte. Ich kannte Vitali zu wenig, um in seinem Gesicht lesen zu können oder seine Bewegungen zu deuten. Ich wollte gern glauben, dass er in meinem Sinn handeln wollte, aber er musste doch gespürt haben, dass ich den Kuss wollte! Ich blickte ihn finster an. "Was hast du dir denn dann dabei gedacht?"


    Er sah so verzweifelt aus, dass ich mich ein wenig entspannte. Vitali und ich hatten es von Anfang an schwer gehabt. Unsere ersten Begegnungen waren die reinste Katastrophe gewesen. Hier an der Küste hatte sich das fortgesetzt, und wahrscheinlich würde das auch immer so bleiben. Wollte ich das? Konnte ich das aushalten? Hatten wir irgendeine Art von Zukunft? Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, würde ich das gerne herausfinden. Doch im Moment wusste ich nicht, wie ich vorgehen sollte. Und ob er es genauso sah wie ich.


    Die salzige Luft hier draußen roch noch nach dem Regen, der inzwischen weitergezogen war. Es war dunkel, nur die Lichter der Veranda spendeten ein orangenes Licht. Ich glaubte, die Salzkristalle in der Luft förmlich auf meiner Haut spüren zu können. Obwohl sich das echt gut anfühlte, war es kalt. Meine Haare waren noch nass, und die Kälte kroch mir über die Kopfhaut in den Körper. Ich zitterte leicht. Meine verschränkten Arme lösten sich, nur damit sich meine Hände auf meine Oberarme legen konnten, um meinen Körper zu wärmen. Doch das half nichts. Wahrscheinlich trug meine innere Kälte ihren Teil bei. "Kann ich bitte einfach meine Sachen haben?", fragte ich.

  • Da stand ich also wie ein geschlagenes Kalb und blickte sie wohl genauso dämlich an. MUHHH fehlte da nur noch. Verwirrt sah ich sie an, als sie mir eine Frage stellte. "Ähm", machte ich leise. "Ich wollte Dich nicht verletzen." Dann schluckte ich ein wenig. "Ich dachte, ich wäre zu weit gegangen und zu frech", flüsterte ich dann zitternd. "Das war un..." sie wollte ihre Sachen haben. "Oh", sagte ich, ließ sie wieder ein und sagte dann leise, "du kannst auch bleiben, wenn Du das willst" einem Impuls folgend, ohne dass ich wusste warum, ob es richtig war, ob es zu vermessen war oder keine Ahnung was. Herrje, meine Gedanken rasten mit der Gewalt eines Klatschers umher und zum ersten Mal in einem Leben fühlte ich mich BLÖDER als ein Rindvieh, BLÖDER als ein TROLL. Ja, ein Bergtroll. Ein riesiger, fetter, stinkender, dummer Bergtroll. Von der Gestalt her war es wohl eine passende Umschreibung für mich, nur dass ich weniger Fett mit mir herumtrug und mich vor allem durch Muskelmasse auszeichnete. "Möchtest Du etwas essen oder trinken zum Aufwärmen? Du siehst schon jetzt total verfroren aus."

  • Als ich wieder in das Haus eintrat, schlug mir direkt die Wärme entgegen. Wie schön es wäre, sich einfach vor den Kamin zu setzen und den Abend dort zu verbringen. Wenn ich an mein leeres, unpersönliches Hotelzimmer dachte, legte sich direkt die Dunkelheit über mein Herz.


    Auf meine Frage, warum er mich geküsst hatte, sagte er, er hatte mich nicht verletzen wollen. Bedeutete das, dass er mich aus Mitleid geküsst hatte? Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen schießen wollten, doch ich kämpfte sie mit aller Macht zurück. Doch dann rettete Vitali die Situation. Er meinte, er dachte, er wäre zu weitgegangen. Also hatte er es gewollt und war sich nur nicht sicher gewesen. "Aber …", stotterte ich. "Ich … habe dich zurück geküsst. Hast du … das nicht gemerkt?" Oh mein Gott, war ich etwa so eine schlechte Küsserin?


    Vitali bot mir an zu bleiben. Oh man, wie sehr ich das wollte. Aber sagte er das, weil er ein schlechtes Gewissen hatte oder weil er es tatsächlich wollte? Die Tür zum Bad stand offen, und ich konnte meine Klamotten sehen. Ich müsste sie mir nur schnappen und könnte verschwinden. Doch wahrscheinlich waren sie ebenfalls noch klitschnass, und es würde die Hölle werden, in der nassen Kleidung bis zum Hotel zu laufen. Apparieren konnte ich nicht. Dafür war es noch zu früh am Abend und noch zu viele Muggel unterwegs, die mich sehen könnten.


    Als Vitali auch noch von Essen und Trinken sprach, war mein Widerstand komplett gebrochen, und ich knickte ein. Wenn ich herausfinden wollte, was das zwischen uns war, dann musste ich über meinen Schatten springen. Unsicher sah ich Vitali an. "Eine heiße Schokolade wäre wirklich toll."

  • Ich war innerlich darüber mehr als nur ein bisschen erleichtert, dass die junge Frau den Weg zurück in die Wärme des Hauses antrat. Es kam mir vor, wie ein zehn Meilenmarsch. Wie es dann erst Cho Chang gehen musste, vermochte ich mir kaum auszumalen. Tatsächlich standen ihr ja schon die Tränen in den Augen. Ach herrje. DA hatte ich ja was angerichtet. Wenn ich dachte, diese Situation könnte nicht verrückter oder verfahrener werden? Sofern das keine Schlagzeile im Tagespropheten gab, hätten wir beide noch sehr viel Glück gehabt, oder? 3...2...1 atmen um zu überleben. Dann fragte sie, ob ich nicht gemerkt hatte, dass sie doch zurückgeküsst hätte. Und nun war es an mir so rot wie das Gryffindorwappen zu werden. "Ähm... ähm...ich dachte, ich hätte geträumt", gab ich dann bis auf die Knochen blamiert zu. Ich stand hier in meinem eigenen Haus wie ein begossener Pudel und meine Güte, war ich hier beinah ein Teenager? BITTE KNALL MIR EINER EINEN KLATSCHER AN DIE BIRNE, DAMIT DIE GEHIRNZELLEN DA OBEN SICH WIEDER ZURECHTRÜCKEN. Ups. Ich hatte mich sowas von in die Scheiße zu reiten. Ich versuchte nun wieder in ihrem Gesicht zu lesen. Aber es war gar nicht so einfach. Dann aber bat sie unsicher um eine heiße Schokolade. Ich nickte, "kein Problem", und anstatt die heiße Schokolade mit dem Zauberstab zu beordern, machte ich sie absichtlich von Hand, sodass das ganze ein wenig mehr SEELE bekam. Hmm - lecker. Das Ganze war mit Sahne sowie Karamellsauce und Schokodrops getoppt. "Gut so?", fragte ich mit leicht zitternder Stimme und war so unsicher wie ein Teenager. "Worauf hast Du denn Hunger?", fragte ich dann neugierig. "Es bleibt Deine Wahl. Ich hab kein Problem damit zu kochen... vielleicht auch gemeinsam? Und auch ohne Zauberstab, manchmal macht es Spaß und gibt mehr... Seele. Wenn man das so sagen kann."

  • Geträumt… GETRÄUMT?? Er dachte, er hätte geträumt, dass ich ihn zurückküsse? Wie geht denn sowas? Vielleicht war ich doch eine schlechte Küsserin. Unbewusst legte ich mir die Finger an die Lippen. Oh man, wenn er es so furchtbar fand, dann würde das wohl nicht wieder passieren. Zumindest hatte Vitali den Anstand, rot anzulaufen und peinlich berührt auszusehen. Mir war das Ganze ebenfalls unendlich unangenehm.


    Während Vitali heiße Schokolade machte, setzte ich mich auf die Couch vor den Kamin. Das Feuer wärmte mich durch und vertrieb sogar etwas von der inneren Kälte. Vitali stellte die dampfende Tasse vor mir auf den Tisch. Der Duft von Kakao und Sahne stieg mir sofort in die Nase und ließ mich wohlig aufatmen. Es schwammen sogar Schokodrops in der Tasse. Und da war noch etwas anderes, eine ganz feine Note von… was? Zimt? Nein. Karamell? Ich nahm die Tasse in die Hand und nippte kurz daran. Der Kakao war kochendheiß, aber schmeckte himmlisch. „Danke“, sagte ich und meinte es wirklich ernst.


    Als er mir dann auch noch anbot, zusammen zu kochen und zwar ohne Magie, war ich vollkommen milde gestimmt. Ich mochte es, Essen mit der Hand zuzubereiten, auch wenn mir oft die Zeit fehlte. Die Rezepte meiner Großeltern waren unschlagbar. „Gern“, antwortete ich also. „Ich würde gern etwas gemeinsam kochen.“ Mittlerweile konnte ich mein Lächeln nicht mehr verbergen. „Was hast du denn so an Zutaten da?“

  • Ich seufzte ein wenig. Diese Frau brachte meinen Verstand zum Kochen. So richtig. Mir tanzte der Verstand im Kopf umher, schlimmer als jeder Schnatz, den Krum nur fangen konnte, schlimmer, als ein Topfdeckel auf einem heißen Pott Spaghetti hüpfen konnte. Dass mir noch kein Dampf aus den Ohren kam, war auch schon alles. Ein kleines Lächeln zierte meine Lippen, der Kakao fand den Anklang, den ich erhofft hatte. Das war gut, sehr gut. Die Aussicht, gemeinsam zu kochen, brachte ihre Augen zum Leuchten. Beinah fühlte ich mich an die Sterne am Himmelszelt erinnert. Oh Gott, was für ein kitschiger Vergleich, schoss es mir durch den Kopf, aber es stimmte einfach. Sie wollte wissen, was ich an Zutaten da hatte. "Ei, Maiskölbchen, Basmarti Reis, Zwiebeln, Pastrami, Rindfleischsteak Rib Eye um genau zu sein, Erbsen, Möhren, Scampi, Pilze, Brokkoli, Blumenkohl ... Hmm ansonsten komm doch einfach mit." Ich stand auf, um sie in die Küche zu führen. Die war zwar jetzt nicht gigantisch groß und nicht so gewaltig wie das Wohnzimmer, aber doch groß genug für eine Kochinsel, ohne dass der Raum zu klein wirkte. "Du kannst ruhig die Vorratsschränke öffnen und reinsehen, da ist nichts Gefährliches drin. Das versprech ich Dir. Bist Du gegen irgendetwas allergisch oder was magst Du gar nicht?"

  • Vitali führte mich in eine kleine, aber moderne Küche mit Kochinsel und unzähligen Schränken. Von den Zutaten, die er aufgezählt hatte, ließ sich auf jeden Fall etwas zaubern, und er sagte, dass ich mich ruhig umsehen könnte. Zögerlich öffnete ich ein paar der Schränke und war erstaunt über die Ordnung, die darin herrschte. Für einen Mann und vor allem einen Sportler, der wahrscheinlich mehr im Ausland als zu Hause war, war das Haus insgesamt erstaunlich sauber. Unwillkürlich fragte ich mich, ob er das allein schaffte oder ob er Hilfe hatte. Kaufte er selbst diese frischen Zutaten ein, die in Hülle und Fülle vorhanden waren, oder gab es jemanden, der auf seine Ernährung achtete?


    "Allergien habe ich keine, zumindest nicht, dass ich wüsste", antwortete ich auf seine Frage. "Das einzige, was ich wirklich nicht mag, ist Tintenfisch. Erstens sehen sie zum Fürchten aus, zweitens schmecken sie einfach nur schleimig." Ich schüttelte mich bei dem Gedanken daran. Dann sah ich Vitali unsicher an. Hatte ich jetzt zu viel geplappert? Vielleicht war Tintenfisch Vitalis Leibgericht, und jetzt hatte ich es endgültig versaut…


    Ich begann wieder damit, mich mit den Vorräten zu beschäftigen und nahm langsam eine Zutat nach der anderen heraus, immer mit Blick auf Vitali, ob es wirklich okay war, dass ich mich hier einfach bediente. "Was hältst du von einer Gemüsepfanne? Pastrami und Scampi können wir da auch mit reinmachen. Hast du einen Wok?"

  • Ich fühlte mich sehr wohl mit Cho. Warum wusste ich nicht so genau, aber es war so. Diese Frau war sowas von verwirrend und komisch. Ich fühlte mich sicher mit ihr. Komisch. Eigentlich war ich ja größer und etwa doppelt so schwer. Fast, nicht ganz. Die Fragen, welche Cho sich stellte, ahnte ich natürlich nicht. "Alles klar", sagte ich und holte ein paar Zutaten hervor. "Hmm, Tintenfisch, wenn dann nur richtig frische Calamaris in Spanien", antwortete ich ihr. "Die Zubereitung ist wohl eine ganz andere. Aber allzu viel kann man davon auch nicht futtern." Das Zeug war nämlich recht fettig. Mit etwas Zitrone war es verdammt lecker. "Alles gut." Und ich zog tatsächlich auch einen Wok hervor. "Bitteschön und ich hab nichts gegen vegetarische Küche. So viel Fleisch futtere ich gar nicht, aber durchaus ein oder zweimal in der Woche in der Hauptmahlzeit. Und Du?" Es dauerte nicht lange, bis ein aromatischer Duft das gesamte Haus durchzog und den Mund wässerig machen konnte. Ich war es gewohnt, ohne Zauberei zu kochen. Das kam mir einfach ehrlicher vor. Zudem bedeutete es, dass man dabei entspannen konnte. Den Abwasch hingegen machte ich am liebsten schnell mit dem Zauberstab. SO viel Zeit hatte ich nun auch wieder nicht, dass ich das auch noch per Hand erledigen wollte. Außerdem nervte es mehr. Glücklicherweise hatte ich den Reis als erstes aufgesetzt.

  • Der Wok wanderte auf den Herd, und ich gab etwas Öl hinein. "Hilfst du mir beim Schneiden?", fragte ich Vitali, der gerade Bretter und Messer hervorholte. In aller Eintracht standen wir nebeneinander an der Küchentheke und schnippelten Karotten, Salat, Zwiebeln, Pilze und noch einiges anderes. Nacheinander landeten die Zutaten im Wok und verbreiteten einen angenehmen Geruch in der Küche. Ich mochte es, mit der Hand zu kochen und den Zauberstab mal in der Tasche zu lassen. Es beruhigte mich, und ich erfreute mich jedes Mal daran, wenn ich den ersten Biss aß und es ausgezeichnet schmeckte, was ich selbst gekocht hatte.


    Ich war erstaunt, als Vitali sagte, dass er eigentlich nicht viel Fleisch aß. "Musst du als Sportler nicht auf eine gewisse Eiweißzufuhr achten? Zwecks Muskelaufbau und so?" Ich schnitt ein paar Paprika in Streifen. "Ich mag Fleisch tatsächlich ganz gern", sagte ich dann. "Meistens ist es aber eher eine Beilage, und ich achte darauf, dass es nachhaltig produziert ist. Magst du ein paar Scampi in der Pfanne haben oder lieber nur Reis dazu?"


    Es war angenehm, so mit Vitali zusammen zu sein. Ich fühlte mich in seiner Gesellschaft wohl und traute mich mittlerweile einfach, ihm Fragen zu stellen. Es war verrückt, dass ich gestern noch sauer gewesen war, weil er mir einen "Lasten"besen angedreht hatte. Sogar die Kusssituation von vorhin war irgendwie in den Hintergrund gerückt. In diesem Moment war ich einfach nur zufrieden.

  • Ich nickte und begann ebenfalls ein paar der Zutaten zu schnibbeln. Cho war flink. Also kochte sie ebenso wie ich gern ohne Zauberstab. Ein kleines Grinsen konnte ich mir also nicht verkneifen. "Ja klar. Gute Ernährung halt. Eiweißquellen gibt es ja genügend, auch pflanzliche. Aber grade für das Thema Eisen ist Fleisch der beste Lieferant. Rotes Fleisch." Cho liebte Fleisch und so holte ich die Scampis als auch Pastrami raus. Ich verneigte mich, "eine Frau mit Geschmack" und ich grinste ihr dabei entgegen. Herrje, flirtete ich hier wie verrückt? Das wurde ja immer verrückter. Diese Frau verdrehte mir echt den Kopf. Und zwar kräftig. Jetzt wurde mir irgendwie klar, dass sie echt gut aussah. Ob sie das wusste? Sie hatte schöne Haare fand ich. Einem Instinkt folgenden machte ich leise Musik an. Entspannter Jazz. "Ich hoffe, das ist okay?", fragte ich. "Was hörst Du denn sonst? Bei mir ist von Rock, Pop bis Jazz so ziemlich alles dabei. Je nach Stimmung." Rock gab mehr Power zurück und eignete sich wunderbar zum Joggen oder Boxen. Da drehte ich hoch. Dann fragte ich, "was hast Du bisher in Deinem Kurzurlaub gemacht? Immer genießen. Es sind kostbare Zeiten. Die brauchen wir gerade jetzt."

  • Ich mochte Vitalis Grinsen. Ich glaube, er war beeindruckt davon, dass ich selbst kochte und keinen Zauberstab verwendete und dass ich gern Fleisch aß. Wenn er lächelte, bildeten sich kleine Grübchen auf seinen Wangen, und seine Augen begannen zu funkeln. Ich erwischte mich dabei, wie ich selbst grinsen musste und die Wärme genoss, die sich in meinem Bauch ausbreitete.


    Vitali schaltete Musik an und fragte, ob das okay war. "Ja, das ist prima", sagte ich. "Ich mag Jazz, aber Blues und LoFi Beat mag ich noch lieber. Die aktuellen Charts sind irgendwie nicht so meins. Wahrscheinlich werde ich langsam zu alt dafür", sagte ich grinsend. "Rock ist bei mir nur selten dabei, aber ich mag unsere traditionelle chinesische Musik ganz gern." Die Lieder, die durch das Haus schallten, waren entspannt, und ich konnte nicht verhindern, dass mein Fuß leicht im Takt wippte.


    Dann fragte Vitali mich nach meinem Urlaub, und ich versteifte mich ein wenig. Er konnte nicht wissen, dass mein Chef mir die freien Tage verordnet hatte, nachdem Vitali aus dem Krankenhaus abgehauen war. Ich hatte versagt, und mein Chef hatte mich das spüren lassen. Was für eine Ironie, dass ich gerade der Person in meinem sogenannten Urlaub begegnete, die das ganze Chaos erst ausgelöst hatte. Aber konnte ich sagen, dass ich es bereute? Nicht wirklich.


    Ich versuchte, mein Gesicht wieder unter Kontrolle zu bekommen und zu lächeln. "Na ja, bisher habe ich noch nicht viel mehr gemacht, als mir den Fuß zu verstauchen und unfreiwillig baden zu gehen."


    Das Gemüse wurde langsam gar. Ich wollte es nicht zu lange im Wok lassen, damit es nicht matschig wurde. Die Scampi sahen wunderbar glasig aus und das Pastrami roch köstlich. Also stellte ich den Herd aus und rührte noch ein wenig weiter. Dann griff ich nach dem Topf mit dem Reis, um das Wasser abzukippen. Doch leider hatte Vitali im gleichen Moment dieselbe Idee. Wir stießen ineinander. Dabei kam ich mit dem Arm an den heißen Topf. Der Schmerz fuhr blitzartig über meine Haut, und ich zog den Arm zurück, doch dabei blieb ich am Topf hängen und beförderte ihn über die Kante. Der gesamte kochend heiße Inhalt ergoss sich über Vitali.

  • Es war eine entspannte Situation, die wir beide nur zu gern genossen. "Oh super, da haben wir ja sogar ein paar Gemeinsamkeiten. Und ich weiß noch nicht einmal was LoFi Beat ist. Also, sprich nicht davon, dass DU zu alt bist. Was bin ich dann? Ein tausendjähriger Drache? Oder doch ein Dinosaurier? T-Rex?" Ich wartete ab, was sie dazu sagen würde. "Mit der traditionellen, chinesischen Musik kenne ich mich nicht aus. Ich schätze, das nennt sich dann eine Bildungslücke, oder?" Ich grinste ein bisschen, als ihr Fuß im Takt mitwippte. Als ich nach dem Verlauf des Urlaubs fragte, versteifte sie sich. Oh schwieriges Thema? Das war mir peinlich. Irgendwie schien sie damit ein Problem zu haben. Warum? Konnte ich ihr helfen? Ich machte mir meine Gedanken. Ich lächelte ein wenig, "hm, wenn Du magst, können wir das morgen ein wenig nachholen und Du gut genug laufen kannst. Die Gegend hier ist recht schön und ich glaube, es ist eine tolle Entdeckungsreise, alles neu zu sehen, nach all den Jahren." Es war ja auch eine süße, kleine Stadt hier. Kaum, dass es ans Abschütten des Wassers ging, passierte ein kleiner Unfall. Wir bekamen beide unser Fett weg. Kurz zuckte ich zusammen. Aber irgendwie markierte ich nun den starken Mann und musste erst geschockt fragen, "geht es Dir gut, Cho?" Als Hausherr zeigte ich mich als Erstes um den Gast besorgt, egal, was los war oder wie es mir ging. Da pochte all der männliche Stolz in mir, so wild wie ein Sturm in Bulgarien - im Herbst oder Winter.

  • Viktor Krum

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